IPW Institut für Politikwissenschaft Forschung
Quantitative Methoden der Politikwissenschaft

Laufende Projekte

 

Courts under pressure: How social media change the political discourse about the rule of law in modern democracies

Traditionelle politische Kommunikation ist medial vermittelte Kommunikation. Was Bürger in der Vergangenheit über Politik lernen konnten, beschränkte sich in der Regel auf massenmedial vermittelte Informationen. In diesem Modell politischer Kommunikation fällt Journalisten eine tragende Rolle zu. Journalisten konnten entscheiden, welchen politischen Botschaften sie einen Raum geben und wie sie politische Informationen rahmen. Dieses Modell politischer Kommunikation ist durch das Aufkommen sozialer Medien aufgebrochen worden. Mithilfe sozialer Medien können politische Akteure ihre Botschaften unmittelbar und ungefiltert verbreiten. Während eine solche Dezentralisierung politischer Kommunikation vordergründig durchaus begrüßt werden kann, hat sie doch auch erhebliche Schattenseiten. Seitdem politische Kommunikation nicht mehr massenmedial gefiltert wird, ist die Verletzung geteilter Standards politischer Kommunikation kaum noch auszuschließen. Gerade rechtspopulistische Akteure machen sich die Möglichkeiten der unvermittelten politischen Kommunikation auf sozialen Medien zusehends zunutze, um die Grenzen der gesellschaftlich geteilten Standards des politisch Zulässigen auszutesten. Diesem Effekt sozialer Medien auf die politische Kommunikation geht das Projekt am Beispiel politischer Diskurse über das Rechtswesen in vier europäischen Demokratien nach. Das Projekt zeichnet nach, wie rechtspopulistische Akteure versuchen, die Legitimität von rechtsstaatlichen Organen mithilfe sozialer Medien zu untergraben. Besonders sichtbar sind derartige Effekte in einzelnen Ländern Osteuropas, aber auch in Westeuropa ist der Versuch der Delegitimierung von Institutionen der liberalen Demokratie keine Seltenheit mehr. Zur Untersuchung dieser Entwicklung wird im Projekt auf die computergestützte Auswertung politischer Kommunikation auf sozialen Medien zurückgegriffen, um wandelnde Standards politischer Kommunikation nachvollziehen und erklären zu können.

 

Antragsteller

Prof. Dr. Christoph Hönnige, Leibniz Universität Hannover

Dr. Philipp Köker, Leibniz Universität Hannover

Prof. Dr. Dominic Nyhuis, Leibniz Universität Hannover

 

Projektmitglieder

Dr. Tilko Swalve

Merle Huber

 

Forschungsförderer

VW-Stiftung / MWK Niedersachen

 

Föderzeitraum

2021-2024

 

 

Abgeschlossene Projekte

 

Repräsentation und Ungleichheit in der kommunalen Politik

Die kommunale Ebene ist die weithin vergessene Ebene der Politikwissenschaft. So dominiert in der Politikwissenschaft der Fokus auf die nationale Ebene, während Politik auf der subnationalen Ebene nur selten betrachtet wird. Speziell die Kommunalpolitikforschung war lange Jahre durch verwaltungswissenschaftliche Perspektiven geprägt, während ein originär politikwissenschaftlicher Blick auf kommunales Handeln eher die Ausnahme war. An diesem Punkt zeichnet sich in den letzten Jahren ein Perspektivwechsel ab. So wächst das Bewusstsein für die zutiefst politischen Entscheidungen, die auf der kommunalen Ebene getroffen werden und die mit dem theoretischen und methodischen Instrumentarium der Politikwissenschaft hervorragend erfasst werden können. Dabei ist die gerade die kommunale Ebene für die vergleichende Politikwissenschaft ein ausgezeichneter Untersuchungsgegenstand, da zum einen der Effekt unterschiedlicher institutioneller Rahmenbedingungen auf politische Entscheidungen untersucht werden kann, zum anderen aber auch Gemeinden mit unterschiedlichen politischen Vorzeichen bei identischen institutionellen Rahmenbedingungen betrachtet werden können. Das vorliegende Projekt knüpft an diese Bewegung in Richtung einer originär politikwissenschaftlichen Kommunalpolitikforschung an, indem es nach der Repräsentationsleistung deutscher Stadträte fragt. Konkret untersucht das Projekt, welche gesellschaftlichen Interessen in der kommunalen Politik vertreten werden und wie Ungleichheiten in der Repräsentation erklärt werden können. Um die Repräsentationsleistung der deutschen Kommunalpolitik systematisch zu erfassen, werden alle Ratsanfragen aus den Räten deutscher Städte mit über 100.000 Einwohnern während einer Legislaturperiode gesammelt und mithilfe von Verfahren der automatischen Textanalyse klassifiziert.

 

Antragsteller

Dr. Martin Gross, Ludwig-Maximilians-Universität München

Prof. Dr. Dominic Nyhuis, Leibniz Universität Hannover

 

Projektmitglieder

Sebastian Block

Jan A. Velimsky

 

Forschungsförderer

Deutsche Forschungsgemeinschaft

 

Förderzeitraum

2020-2022

 

 

Political attention and the substance of legislative reform

Die digitale Revolution bedeutet für die sozialwissenschaftliche Forschung eine Zeitenwende. Durch die umfassende Digitalisierung aller Lebensbereiche werden zunehmend Muster in der sozialen Umwelt sichtbar, die noch vor wenigen Jahrzehnten kaum systematisch zu erfassen gewesen wären. In der Forschungspraxis drückt sich diese Entwicklung in der Herausbildung zahlreicher neuer Forschungsfelder und Forschungszugänge aus. In der Politikwissenschaft speziell ist der vermutlich sichtbarste Effekt der Digitalisierung die zahlreichen Anwendungen der automatischen Textanalyse, um die massiven Bestände digitaler Textdaten auszuwerten. Während derlei Anwendungen zu wichtigen Einsichten in zahllosen Forschungsbereichen geführt haben, sind die Potenziale der digitalen Wende in der Politikwissenschaft bisher nur unzureichend genutzt worden. So sind digitale Bild-, Audio- und Videodaten in der politikwissenschaftlichen Forschung bisher fast unbeachtet geblieben. Während in der Informatik zahlreiche innovative Verfahren zur automatischen Auswertung von derartigen Daten entwickelt wurden, haben sie in der Politikwissenschaft bisher kaum Verwendung gefunden. Viele Forschungszweige haben deshalb einen verkürzten Blick auf ihren Forschungsgegenstand. So ist die Kommunikation auf sozialen Medien beispielsweise in erheblichem Maße durch visuelle Signale gekennzeichnet, während sich sozialwissenschaftliche Analysen nach wie vor zumeist auf den textlichen Inhalt von sozialen Medien beschränken. Um diese Leerstelle in der sozialwissenschaftlichen Forschung zu beheben, werden im Projekt die Potenziale der automatischen Videoanalyse für die Sozialwissenschaften ausgelotet. Konkret untersucht das Projekt am Beispiel von zwei Anwendungen, wie die automatische Analyse von Plenaraufzeichnungen neue Einsichten für die vergleichende Parlamentsforschung generieren kann. Dazu werden zum einen die Redebeiträge im US House of Representatives ausgewertet, zum anderen die Plenaraufzeichnungen von Debatten im Landtag Baden-Württemberg.

 

Antragsteller

Prof Thomas Gschwend, PhD, Universität Mannheim

Prof. Dr. Dominic Nyhuis, Leibniz Universität Hannover

Prof. Dr. Rainer Stiefelhagen, Karlsruher Institut für Technologie

 

Projektmitglieder

Lion Behrens

Tobias Ringwald

Oliver Rittmann

 

Forschungsförderer

Deutsche Forschungsgemeinschaft / Sonderforschungsbereich 884

 

Förderzeitraum

2018-2022