Hintergrundanalyse – Wie aus der republikanischen Partei Trumps Partei wurde
von Jakob Wiedekind, M.A. und Prof. Dr. Christiane Lemke
„Let’s imagine a different republican party inspired by a different kind of conservatism.” Mit diesen Worten beschwört der Kolumnist der Washington Post und Professor am Institute of Politics and Public Service an der Georgetown Universität E. J. Dionne, Jr., in seinem aktuellen Buch „Code Red – How Progressives and Moderates Can Unite to Save our Country” den Geist einer weniger radikalisierten republikanischen Partei. Dabei geht es nicht etwa um ein Gedankenexperiment, sondern um den direkten Bezug auf Wandlungsprozesse, die schlussendlich darin gipfelten, dass wir heute eine republikanische Partei erleben, die nahezu gänzlich von ihrem radikalen Flügel vereinnahmt wurde. Die damit zusammenhängende Verdrängung moderater Stimmen hat zur Folge, dass sich selbst ehemalige Präsidentschaftskandidaten und eigentlich hoch angesehene Republikaner wie Mitt Romney oder der verstorbene John McCain zusehends fremd in der eigenen Partei fühlten. Die republikanische Partei von heute ist insgesamt ideologisch eindeutig eindimensionaler und homogener, als sie es je zuvor war – soll heißen, dass sie besonders konservativ geworden ist.
In der heutigen Debatte über die republikanische Partei geht allzu schnell unter, dass ihre Radikalisierung und ihr heutiger Trumpismus mit all seinen populistischen Charakteristika nicht erst mit Trumps Aufstieg im Vorwahlkampf von 2016 begonnen haben. Trump ist vielmehr eine prominente Ausprägung einer parteiinternen Verschiebung, die weit vor ihm begann. Aus heutiger Sicht ist es kaum vorstellbar, dass es ein republikanischer Präsident war, Abraham Lincoln, der die Abschaffung der Sklaverei im 19. Jahrhundert durchsetzte, dass die ersten Nationalparks der USA (Yellowstone und Yosemite) von republikanischen Präsidenten gegründet wurden, dass die Environmental Protection Agency unter Richard Nixon entstand, dass Ronald Reagan sagte „If we ever closed the door to new Americans, our leadership in the world would be lost.” oder dass Dwight D. Eisenhower 1954 solche Ansichten vertrat: „Should any political party attempt to abolish social security, unemployment insurance, and eliminate labor laws and farm programs, you would not hear of that party again in our political history.“ Dieser Beitrag arbeitet einige der Dynamiken heraus, die erklären, welche Entwicklungen dazu beitrugen, dass sich die heutige republikanische Partei so weit von ihren Wurzeln entfernt hat und erlaubt so einen genaueren Blick auf den Aufstieg Trumps. Dies soll keineswegs Trumps republikanische Amtsvorgänger romantisieren, denn viele der im Folgenden dargestellten Entwicklungen begannen und entwickelt sich während ihrer Amtszeit.
Die erste zentrale Dynamik nimmt Bezug auf die sogenannte „Southern Strategy“, die insbesondere von dem republikanischen Senator Barry Goldwater für die Präsidentschaftswahl 1964 und von Richard Nixon 1968 und 1972 geprägt wurde. Die Bürgerrechtsbewegung und die damit einhergehende Abschaffung der diskriminierenden Jim Crow Laws in den 1950er und 1960er Jahren vertieften in vielerlei Hinsicht gesellschaftliche Spannungen besonders stark in den Südstaaten der USA (z.B.: Alabama, Georgia, Texas, Louisiana oder Tennessee). Im Zuge dessen zielte die Southern Strategy darauf ab, genau in diesen Bundesstaaten stark konservative weiße Wählergruppen, die zuvor typischerweise eher demokratisch wählten, für die republikanische Partei zu gewinnen. Dass dieser Plan durchaus aussichtsreich sein würde, zeigte zum Beispiel der Präsidentschaftswahlkampf 1968. George Wallace, damaliger Governeur von Alabama und Urheber der Aussage „segregation now, segregation tomorrow, segregation forever“, gewann als unabhängiger Kandidat fünf Bundesstaaten im Süden der USA (Alabama, Arkansas, Georgia, Louisiana, Mississippi). Der Plan der Republikaner war, dass insbesondere die Betonung der sogenannten „States‘ Rights“ die starke Opposition der Südstaaten gegenüber dem Civil Rights Act instrumentalisieren könnte. States‘ Rights beziehen sich auf politische Macht, die bei den Bundesstaaten selbst und nicht etwa in Washington D.C. liegt. Damit einher gehen Ansätze des „Small Government“ also der Dezentralisierung politischer Macht bei gleichzeitig reduzierter Bürokratie, sehr unternehmensfreundlicher Wirtschaftspolitik und weitreichender Deregulierung.
Diese Positionen hängen direkt mit den starken Steuersenkungen unter Ronald Reagan und seiner Wirtschaftspolitik, die als Reaganomics bekannt wurde, zusammen. In vielerlei Hinsicht trieb Reagan die zuvor umrissene Programmatik der Southern Strategy auf die Spitze und verengte das Sichtfeld republikanischer Politik spürbar. Diese bis heute wirksamen Richtungsentscheidungen öffneten Tür und Tor für eine Verengung der Parteiideologie hin zu stark konservativen Positionen. Im Zuge dessen traten freiheitlich-liberale Positionen, die die republikanische Partei vor allem in den Handels- und Industriemetropolen vertreten hatte, immer mehr in den Hintergrund. Zugleich gewannen seit der Reagan-Präsidentschaft die sehr religiösen evangelikalen Ansichten immer stärkeren Einfluss. Die religiöse Rechte wurde, wie später die Tea-Party Bewegung, zu einem bedeutenden Machtfaktor in der republikanischen Partei. Die Southern Strategy führte zwar tatsächlich zu wichtigen Wahlerfolgen in den Südstaaten, die für die Präsidenten Nixon und Reagan elementar waren, aber gleichzeitig sorgte sie für erdrutschartige Verluste in der afro-amerikanischen Wählerschaft.
Als Nixon 1960 gegen den demokratischen John F. Kennedy verlor, konnte die republikanische Partei noch ein Drittel der afro-amerikanischen Stimmen für sich gewinnen. In den Präsidentschaftswahlen danach, bis 2004, lag dieser Stimmenanteil im Schnitt bei knapp 9 Prozent. Als Obama 2008 kandidierte brach diese Zahl weiter ein. Die Southern Strategy machte es zwar auf der einen Seite möglich, dass zahlreiche Südstaaten republikanische Hochburgen in Präsidentschaftswahlen wurden, was einige Erfolge im electoral college (siehe Video auf unserer Blog-Website) bedingte. Auf der anderen Seite begann mit ihr aber auch eine ideologische Homogenisierung, da vorwiegend stark konservative Wertevorstellungen weißer Wähler/innen in den Südstaaten und im Mittleren Westen zum Nachteil moderater oder progressiver Einstellungen bespielt wurden. Der republikanische Parteistratege Kevin Philipps, der mit seinem Buch „The Emerging Republican Majority“ (1969) entscheidenden Einfluss auf die Southern Strategy hatte, formulierte den strategsichen Ansatz 1968 treffend wie folgt: „Who needs Manhattan when we can get the electoral votes of 11 Southern states?“
Es entwickelte sich eine sich selbst verstärkende Dynamik, in der ideologische Homogenität einen harten Kern mobilisierte und zunehmend andere Positionen ausschloss. So gingen Stück für Stück Schnittmengen mit moderaten Ansichten verloren, was ursächlich zu der starken Polarisierung zwischen Demokraten und Republikanern beitrug. Dass sich dies insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel in den USA zum Nachteil für die republikanische Partei entwickeln könnte, wurde bereits durch die beiden Wahlerfolge von Barack Obama 2008 und 2012 angedeutet. Insgesamt verkoppelte die Southern Strategy die republikanische Partei fest mit stark konservativen Werten und setzte eine ideologische Energie frei zugunsten einer Wählergruppe, die in großen Teilen 2016 überzeugte Trump-Anhänger wurden.
Die zweite Dynamik ist die polarisierende Rhetorik, die insbesondere durch Newt Gingrich starken Aufwind erfuhr, der 1978 in das Repräsentantenhaus für den 6. Distrikt in Georgia gewählt wurde. So gründete Gingrich 1983 die Conservative Opportunity Society (COS), die ihren Einfluss innerhalb der republikanischen Repräsentanten stetig ausbaute und die Partei weiter von moderaten Positionen entfernte. Die COS hatte schließlich starken Einfluss auf Ronald Reagans zweite Amtszeit als Präsident und lieferte die ideologische Grundlage für einen 10-Punkte-umfassenden „Vertrag mit Amerika“, eine programmatische Plattform, die den Republikanern in den Kongresswahlen 1994 zum ersten Mal seit 1954 die Kontrolle über das Repräsentantenhaus ermöglichte. Gingrichs Einfluss wuchs weiter als er im selben Jahr zum Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt wurde. Neben der Zementierung stark konservativer Positionen nutze Gingrich seinen gewachsenen Einfluss, um eine sehr aggressive Rhetorik insbesondere gegenüber dem politischen Gegner – den Demokraten – in die DNA der republikanischen Partei zu schreiben. Das rhetorische Repertoire der Republikaner umfasste zunehmend Vokabeln wie „destroy“, „betray“, „lie“, „pathetic“, „shame“, „traitors“, wenn es um Kontrahenten und ihre Politik ging.
Dem gegenüber inszenierten sich Republikaner als die Vertreter des „wahren Amerikas“, welches von den Demokraten verraten wird. Diese Stilisierung als Repräsentanten des wahren Amerikas setze sich auch weit nach Gingrich fort. So sprach Sarah Palin als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft während des Wahlkampfes von John McCain in North Carolina 2008 etwa davon, dass das wahre Amerika in den kleinen Städten und in den hart-arbeitenden und sehr patriotischen Teilen der Bevölkerung zu finden sei. Viele rhetorische Bausteine, die heute typisch für Präsident Trump sind, finden ihren Ursprung tatsächlich in der starken Feindseligkeit, die Gingrich aktiv vorantrieb. So überrascht es wenig, dass Gingrich einer der zentralen Berater von Donald Trump während dessen Wahlkampf 2016 war und heute einer seiner wichtigsten Verteidiger ist. Die rhetorischen Angriffe nach Gingrichs Vorbild richteten sich nunmehr auch gegen den als besonders schwach dargestellten Patriotismus der Demokraten.
Nach 9/11 basierte Präsident George W. Bushs Wiederwahlkampagne 2004 fundamental darauf, die Entschlossenheit des demokratischen Herausforderers, John Kerry, im Kampf gegen den Terrorismus infrage zu stellen. Demokraten wurden als zu weich, zu unentschlossen und zu schwach dargestellt. Besonders im Gedächtnis geblieben sind die Äußerungen des damaligen republikanischen Mehrheitsführers im Repräsentantenhaus Tom DeLay. Er bezeichnete Kerry stets als „French“, um eine Verbindung zwischen der französischen Nicht-Beteiligung am Irakkrieg und der behaupteten Kraftlosigkeit der Demokraten im Kampf gegen den Terrorismus herzustellen. Das ging sogar soweit, dass er seine Reden im Kongress begann mit „Hi, or as John Kerry might say, ‚Bonjour‘“. DeLay hatte eng mit Gingrich an dem zuvor erwähnten „Vertrag mit Amerika“ zusammengearbeitet und adaptierte seine konfrontative Rhetorik. Die Wahlerfolge von Gingrich Anfang der 90er Jahre, aber auch George W. Bushs erneuter Sieg 2004, die gewonnene Kontrolle im Kongress 2010 sowie die Zugewinne des radikalen Tea-Party Flügels der republikanischen Partei bei den Kongresswahlen 2012 bestärkten zahlreiche Republikaner darin, weiter Gingrichs Beispiel zu folgen. Die rhetorische Schärfe nahm zu und verstärkte den Trend, der schon mit der Southern Strategy begonnen hatte: Moderate Stimmen, die potenziell mehr Wiederstand für Trumps Aufstieg bedeutet hätten, waren in der republikanischen Partei zusehends in der Minderheit und sahen sich einem permanenten Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, warum sie moderatere Positionen vertraten.
Der Großteil der Republikaner verbanden rhetorisch den echten Patriotismus mit nur einer Seite der kulturellen und teilweise auch religiösen Gräben in den USA – nämlich mit der stark konservativen weißen Wählerkoalition in den Südstaaten und einigen Staaten des mittleren Westens. Der Nord-Osten und insbesondere die Westküste (z.B. Kalifornien) wurde von der republikanischen Partei ganz im Sinne der Southern Strategy weitgehend aufgegeben und während der zweiten Bush-Administration von der Definition des wahren Amerikas ausgegrenzt – ein Trend, der die politischen Gegensätze zwischen den urbanen und den ländlichen Regionen Amerikas vertiefte. Wer die Demokraten und ihre moderaten-progressiven Positionen nicht scharf attackierte, war nicht mehr länger ein echter Republikaner und war keinesfalls ein Vertreter des wahren Amerikas. Agitation und Tabubruch waren zunehmend die bevorzugten rhetorischen Mittel und trieben die Polarisierung weiter voran. Der Nährboden für die nächste Stufe der Radikalisierung (rhetorisch und programmatisch) durch Trump war also bereits weit vor seinem tatsächlichen Aufstieg bereitet worden.
Die dritte Dynamik beschreibt die Fremdenfeindlichkeit im Allgemeinen und die Feindseligkeit gegenüber Einwanderern aus Mittel- und Südamerika sowie aus muslimischen Ländern im Speziellen. Hier ist ein besonders prominentes Markenzeichen von Trumps Wahlkampf und seiner Präsidentschaft erkennbar, was zum Beispiel in dem kurz nach seiner Amtseinführung per Executive Order angeordneten Einreisestopp für sieben muslimische Staaten deutlich wird. Trump kam damit den Ängsten vor Überfremdung und der Ablehnung anderer Kulturen in Teilen der weißen Bevölkerung entgegen; diese Haltung reflektierte für viele die Hervorhebung des „wahren Amerikas“. Wie stark diese anti-Immigration-Energie innerhalb der republikanischen Partei bereits während der Bush-Administrationen war, zeigt das Scheitern des „Comprehensive Immigration Reform Act“, der von Präsident Bush 2007 angeschoben wurde.
Die Reform sah vor, den damals etwa 12 Millionen illegalen Einwanderern in den USA ein Bleiberecht sowie einen Weg hin zur amerikanischen Staatsbürgerschaft zu garantieren während gleichzeitig die Verstärkung der Grenzkontrollen vorangetrieben werden sollte. Die erste Säule der Reform wurde von Beginn an von Bushs eigener Partei scharf kritisiert. Der Kampf gegen den Gesetzesentwurf wurde von Senator Jeff Sessions aus Alabamaangeführt, der später von Trump als Generalstaatsanwalt eingesetzt wurde. Bei einer zentralen Abstimmung über die Reform im Senat stimmten von den 49 republikanischen Senatoren nur 12 für den Vorschlag des Präsidenten aus ihren eigenen Reihen. Interessant an dieser Stelle ist, dass sich bereits hier eine sehr enge Verbindung zwischen ausgesprochen konservativen Medienkanälen wie Fox News oder Radiosendungen von Rush Limbaugh und zentralen Akteuren der republikanischen Partei entwickelt. Wie das Project for Excellence in Journalism damals herausfand, deckten sich die verbalen Angriffe konservativer Radiosender auf die Reform der Einwanderungsgesetze mit den Inhalten der Opposition im Senat.
Sessions selbst plädierte für einen Aufschub der Verhandlungen, bis Rush Limbaugh den Amerikanern den wahren Inhalt des Gesetzes erklären konnte. Die Funktion dieser Medienkanäle als Sprachrohr besonders radikaler Positionen ist also eine Entwicklung, die unter Trump zwar ihren unrühmlichen Höhepunkt erreicht, aber lange vor ihm begonnen hat. Soziale Medien wie Twitter machten die Kommunikation sogar noch direkter und unmittelbarer. Rhetorik und Programmatik des radikalen rechten Flügels der republikanischen Partei drängten sich zunehmend in den Mittelpunkt, was besonders in den Debatten über Immigration zum Vorschein kommt. Jahre bevor Trump mexikanische Einwanderer unter Generalverdacht stellte Vergewaltiger zu sein, wurde die republikanische Position gegenüber Immigranten zusehends feindseliger. Diese Entwicklung erhielt einen weiteren Schub als Barack Obama 2008 der Sieg über seinen republikanischen Kontrahenten John McCain in der Präsidentschaftswahl gelang. Die republikanische Gegenreaktion trieb die Partei weiter nach rechts auf dem parteipolitischen Spektrum der USA und motivierte sie dazu, während der beiden Amtszeiten von Obama eine absolute Blockadehaltung im Kongress einzunehmen. Wie weit die Polarisierung 2008 bereits fortgeschritten war zeigt die Aussage von dem damaligen republikanischen Minderheitsführer im Senat Mitch McConnell aus Kentucky: „The single most important thing we want to achieve is for President Obama to be a one-term president.“
Besonders stark war die Ablehnung gegenüber Obamas Positionen bezüglich Immigration, die zum Beispiel in seinem „Dream Act“ zum Ausdruck kamen. Dieser sah eine Reformierung des Einwanderungsgesetzes vor und beinhaltete ein Verfahren, dass es qualifizierten Einwanderern, die als Minderjährige illegal in die USA kamen, ermöglichen sollte den Aufenthaltsstatus zu bekommen. Hier ist es erneut die Tea Party, die besonders federführend auftritt. Slogans wie „Amnesty for Millions, Tyranny for All“, die von zahlreichen republikanischen Vertretern/innen im Kongress gespiegelt wurden, stellen typische Angriffe auf Obamas Vorstellungen zur Reform der Einwanderungsgesetze dar. Hier werden auch Ängste der republikanischen Partei deutlich, von dem demografischen Wandel in den USA abgehängt zu werden. Der Pfad, der mit der Southern Strategy und ihrer stetigen Radikalisierung beschritten wurde, fördert zunehmend konservative Positionen, die für einen wachsenden Teil der amerikanischen Bevölkerung nicht attraktiv sind. Wählerkoalitionen werden diverser und heterogener, was der hier beschriebenen Homogenisierung der republikanischen Parteiideologie zuwiderläuft. Abschließend zeigt die dritte Dynamik, dass Trumps radikale Positionen in der Immigrationsdebatte in der republikanischen Partei von 2016 offene Türen einrannten.
Dieser Beitrag macht anhand von drei separat beschriebenen aber stark miteinander verbundenen Dynamiken deutlich, dass Trumps Erfolg mit Nichten eine Anomalie ist. Stattdessen sind sein Aufstieg und die Treue seiner Parteibasis in Entwicklungen begründet, die sich parteiintern über die letzten Jahrzehnte entfalteten und verstärkten. Das bedeutet auch, dass selbst ein Erfolg von Joe Biden im November diesen Jahres und das damit verbundene Ende von Trumps Präsidentschaft im Januar 2021 keineswegs diese Entwicklungen nachhaltig ausbremst. Damit ist gemeint, dass die harte konservative Linie der republikanischen Partei nur erfolgreich ist, weil sie für einen signifikanten, wenngleich zurückgehenden, Teil der amerikanischen Bevölkerung attraktiv ist. Damit verbunden sind größere gesellschaftliche Entwicklungen, von denen besonders das Gefühl von der Globalisierung abgehängt worden zu sein herausstechen. Speziell die Opposition gegen Immigration und die polarisierende Rhetorik wollen reale Ängste einer bröckelnden Mittelschicht in Wahlerfolg ummünzen. Das bedeutet, dass der ideologischen Homogenität der republikanischen Partei schwierig Einhalt zu gebieten sein wird, während die demokratische Partei einen oftmals sehr komplizierten Balanceakt zwischen moderaten und progressiven Positionen meistern muss. Das ist in dem aktuellen Vorwahlkampf der Demokraten zwischen Bernie Sanders und Joe Biden klar erkennbar.
Abschließend ist es wichtig zu erwähnen, dass die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Spannungen eine weitaus größere Rolle für Trumps politischen Erfolg spielen, als es dieser Beitrag zeigen konnte. Hinzukommt, dass mit dem Fokus auf die republikanische Partei keineswegs ein Freispruch für die demokratische Partei einhergeht, wenn es um den Umgang mit gesellschaftlichen Fliehkräften geht. Der hier vorgelegte Schwerpunkt auf die beschriebenen parteiinternen Dynamiken in Amerikas konservativer Partei, sind dennoch instruktiv, um besser nachzuvollziehen, wie die republikanische Partei zu Trumps stark radikalisierter Plattform geworden ist. Für die Demokraten wird es vor diesem Hintergrund darauf ankommen nicht nur die eigenen moderaten Kräfte mit den progressiven Ansichten der jungen und gut ausgebildeten Generation zu verbinden, sondern auch moderate Republikaner, die von Trump abgeschreckt sind, von sich zu überzeugen. Klar ist, dass ideologische Vielfalt und politische Diversität bis auf Weiteres unangefochtene Hoheitsgebiete der Demokraten bleiben werden, welche von den Republikanern bewusst preisgegeben wurden. Wie die demokratische Partei erfolgreich so komplexe Wählerkoalitionen schmieden kann, zeigen die überwältigenden Erfolge im Zuge der Kongresswahlen 2018. Hier wird eine starke Gegenreaktion auf Trumps Präsidentschaft deutlich, die ganz sicher im November eine entscheidende mobilisierende Wirkung haben wird.